Adipositas ist weit mehr als ein kosmetisches Problem – sie ist eine chronische Erkrankung mit teils lebensbedrohlichen Folgen. Übermäßiges Körperfett belastet Organe, Gelenke und Stoffwechsel. Die Ursachen sind vielfältig: genetische Disposition, hormonelle Störungen, Fehlernährung und Bewegungsmangel spielen zusammen. Adipositas entwickelt sich oft schleichend, beginnt jedoch nicht selten bereits im Kindesalter. Frühzeitige Diagnostik und interdisziplinäre Betreuung verbessern die Chancen auf nachhaltige Gewichtsreduktion und ein gesundes Leben. Wer sich helfen lässt, gewinnt an Lebensqualität und Lebenserwartung.
Das Wichtigste in Kürze zu Übergewicht oder Adipositas:
- Der Body-Mass-Index (BMI) ab 30 gilt als Schwelle zur krankhaften Adipositas.
- Die Ursachen sind multifaktoriell: Genetik, Lebensstil, Hormone, Medikamente.
- Adipositas erhöht das Risiko für über 200 Erkrankungen und senkt die Lebenserwartung.
- Eine erfolgreiche Therapie basiert auf Ernährung, Bewegung und Verhaltenstherapie.
- Spezialisten wie Hausärzte, Endokrinologen und Psychologen begleiten ganzheitlich.
Was ist Adipositas und wie entsteht sie?
Adipositas ist eine krankhafte Zunahme des Körperfetts, die das Risiko für chronische Erkrankungen erhöht. Sie liegt definitionsgemäß vor, wenn der Body-Mass-Index (BMI) den Wert von 30 überschreitet. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Adipositas eine chronische, multifaktorielle Erkrankung mit ernsten gesundheitlichen Folgen (WHO 2022).
Die Klassifikation erfolgt nach dem BMI:
- BMI 25–29,9: Übergewicht (Präadipositas)
- BMI 30–34,9: Adipositas Grad I
- BMI 35–39,9: Adipositas Grad II
- BMI ≥ 40: Adipositas Grad III (schwere Adipositas)
Der BMI ist eine Näherungsformel: Körpergewicht in kg geteilt durch die Körpergröße in m². Ergänzend misst man die Fettverteilung über den Taillenumfang oder den Taille-Hüft-Quotienten (WHR), da viszerales Fett metabolisch besonders riskant ist.
Was sind die Ursachen für Adipositas?
Nach der Behandlung geht es darum, die Ursachen für das Übergewicht herauszufinden. So unterscheidet sich die primäre Adipositas von der sekundären Adipositas. Letztere ist eine Erkrankung des Hormonsystems ausgelöst durch Wechselwirkungen und Störungen im Körper sowie medikamentös bedingte Erkrankungen. Bei der primären Adipositas bestehen genetische Ursachen, aber auch eine Fehlernährung und eine ungünstige Lebensweise sowie psychische Ursachen.
Adipositas wird in zwei Hauptformen unterteilt:
- Primäre Adipositas: meist durch Überernährung, Bewegungsmangel und psychosoziale Faktoren bedingt.
- Sekundäre Adipositas: verursacht durch endokrine Erkrankungen (z. B. Hypothyreose, Cushing-Syndrom), genetische Syndrome (z. B. Prader-Willi-Syndrom) oder Medikamente (z. B. Kortikosteroide, Antidepressiva).
Studien der Harvard Medical School belegen, dass bereits 5–10 % Gewichtsreduktion signifikant das Risiko für Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Fettlebererkrankung senken kann (Jastreboff et al., NEJM 2022).
In den meisten Fällen herrscht ein Ungleichgewicht von Energieverbrauch und Energiezufuhr. Die Menschen nehmen mehr Energie durch Lebensmittel auf als sie verbrennen. Über die Jahre hinweg kann sich aus einem leichten Übergewicht Adipositas entwickeln. Mittlerweile handelt es sich um ein Problem, das nicht nur Erwachsene und ältere Menschen befällt, sondern auch Kinder und Jugendliche. So beginnt die Vermehrung der Fettzellen meist im frühen Kindesalter. Es gibt bestimmte genetische Merkmale, die eine spätere Adipositas begünstigen.
Welche Risiken bringt das Übergewicht mit?
Adipositas kann die Lebensqualität der Patienten entscheidend einschränken und wirkt sich maßgeblich negativ auf die Atmung und die Leistungsfähigkeit auf. Der Körper ist nicht mehr in der Lage, so viel zu leisten wie unter Idealgewicht. Bei einer Überbeanspruchung oder Belastung kommt es häufiger zu Schmerzen in den Gelenken und in der Wirbelsäule sowie zu einer erhöhten Neigung zum Schwitzen. Nicht zu vernachlässigen sind die psychischen Aspekte der Patienten, die sich mit starkem Übergewicht weniger wertvoll und weniger toleriert in der Gesellschaft fühlen. Aus diesem Grund wird nicht immer nur ein Allgemeinmediziner zur Behandlung hinzugezogen. Viele Betroffene besuchen regelmäßig einem Psychologen.
Adipositas erhöht das Risiko für über 200 Erkrankungen. Dazu zählen:
- Kardiovaskuläre Erkrankungen (z. B. Hypertonie, koronare Herzkrankheit)
- Typ-2-Diabetes mellitus
- Fettstoffwechselstörungen
- Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD)
- Schlafapnoe und Ateminsuffizienz
- Orthopädische Probleme (Gelenkverschleiß, Rückenschmerzen)
- Bestimmte Krebsarten, z. B. Brust-, Darm- oder Pankreaskarzinom (Quelle: IARC 2016)
- Psychische Erkrankungen, wie Depressionen, Essstörungen oder soziale Isolation
Adipositas reduziert die Lebenserwartung um bis zu 10 Jahre (Prospective Studies Collaboration, Lancet 2009). Auch die Lebensqualität ist stark eingeschränkt – durch Atemnot, reduzierte Mobilität, soziale Stigmatisierung und chronische Schmerzen.
Welche Ärzte helfen bei Adipositas?
Adipositas ist eine komplexe Erkrankung, die interdisziplinär behandelt werden sollte. Die Behandlung beginnt meist beim Hausarzt, der erste Gesundheitsrisiken erkennt und an Fachärzte überweist.
Diese Spezialisten helfen bei Adipositas:
Spezialist | Funktion |
---|---|
Hausarzt / Internist | Erstdiagnose, Ausschluss organischer Ursachen, Koordination der Therapie |
Ernährungsmediziner | Erstellung von Diätplänen, Ernährungstherapie |
Endokrinologe | Abklärung hormoneller Ursachen, z. B. Schilddrüsenunterfunktion |
Psychologe / Psychiater | Behandlung emotionaler Essmuster, Begleitung bei Essstörungen |
Sportmediziner / Bewegungstherapeuten | Aufbau körperlicher Aktivität, Trainingspläne |
Adipositaszentren / Multimodale Programme | Ganzheitliche Therapie mit Ernährungsberatung, Verhaltenstherapie, Bewegung und ggf. Chirurgie |
Bariatrische Chirurgen | Durchführung von Magenbypass, Schlauchmagen oder Magenband bei schwerer Adipositas |
Die S3-Leitlinie zur „Prävention und Therapie der Adipositas“ empfiehlt multimodale Therapien ab einem BMI ≥ 30, bei Komorbiditäten auch früher (AWMF, 2023).
Diese Spezialisten helfen bei Adipositas:
Gewichtsmanagement Spezialisten
Die erste Anlaufstelle könnten Gewichtsmanagement Spezialisten sein. Diese Experten sind darauf spezialisiert, individuelle Programme zur Gewichtsreduktion zu erstellen und zu überwachen. Sie bieten eine umfassende Betreuung und beraten Betroffene zu Ernährung, Bewegung und Lebensstiländerungen, die zu einem gesünderen Gewicht führen können.
Ernährungsberater und Diätassistenten
Ernährungsberater und Diätassistenten sind ebenfalls wichtige Ansprechpartner. Sie erstellen maßgeschneiderte Ernährungspläne, die dabei helfen, das Gewicht zu kontrollieren und gesundheitliche Risiken zu minimieren. Ihre Rolle besteht darin, den Patienten auf dem Weg zu einem gesünderen Lebensstil zu begleiten und zu motivieren.
Endokrinologen und Mediziner für Übergewicht
Für Menschen mit Adipositas sind auch Endokrinologen und Mediziner für Übergewicht zentral. Sie untersuchen und behandeln Stoffwechselstörungen und hormonelle Ungleichgewichte, die zur Gewichtszunahme führen können. Eine gründliche medizinische Untersuchung kann dabei helfen, die Ursachen der Adipositas zu identifizieren und entsprechend zu behandeln.
Bariatrische Chirurgen und Adipositas-Chirurgen
In schweren Fällen von Adipositas kann eine chirurgische Intervention notwendig sein. Bariatrische Chirurgen und Adipositas-Chirurgen sind auf operative Eingriffe zur Gewichtsreduktion spezialisiert. Sie führen Verfahren wie Magenverkleinerung oder Magenbypass durch, um die Nahrungsaufnahme zu reduzieren und den Stoffwechsel zu verbessern.
Psychologen und Psychiatern
Adipositas kann auch psychologische Ursachen haben, daher spielen Psychologen und Psychiatern eine wichtige Rolle. Sie helfen, das Verhalten und die Einstellung gegenüber Essen zu verstehen und zu ändern, und bieten Unterstützung bei der Bewältigung von emotionalem Essen und Essstörungen.
Fitness-Experten und Bewegungstherapeuten
Für eine erfolgreiche Gewichtsabnahme ist regelmäßige Bewegung unerlässlich. Fitness-Experten und Bewegungstherapeuten bieten individuelle Trainingsprogramme und motivieren Patienten zur aktiven Teilnahme. Sie sind wichtig für die Entwicklung von Ausdauer, Kraft und Flexibilität, die zur Gewichtsreduktion beitragen.
Gesundheitszentren und Adipositaszentren
Gesundheitszentren und Adipositaszentren bieten oft eine Kombination aus medizinischer Betreuung, Ernährungsberatung, psychologischer Unterstützung und Bewegungstherapie. Diese Zentren sind ideal für eine umfassende Betreuung und bieten alle notwendigen Ressourcen für eine erfolgreiche Gewichtsabnahme unter einem Dach.
Wie sieht eine erfolgreiche Therapie gegen Adipositas aus?
- Eine nachhaltige Therapie basiert auf Verhaltensänderung, Ernährung, Bewegung und medizinischer Kontrolle.
- Ernährungsumstellung: Kalorienreduktion, mediterrane oder ballaststoffreiche Diätformen
- Bewegungssteigerung: 150–300 Minuten moderate Bewegung pro Woche (z. B. Nordic Walking, Schwimmen)
- Verhaltenstherapie: Stärkung der Selbstkontrolle, Trigger-Erkennung, Essprotokolle
- Medikamentöse Therapie: z. B. GLP-1-Analoga wie Semaglutid (bei BMI ≥ 30 oder ≥ 27 mit Komorbidität)
- Langfristige Nachsorge: Gewichtsstabilisierung, Rückfallprävention, psychologische Betreuung
Das Ziel ist kein kurzfristiger Gewichtsverlust, sondern eine dauerhafte Änderung des Lebensstils. Studien zeigen, dass Programme mit interdisziplinärer Betreuung die höchsten Erfolgsraten aufweisen (Wadden et al., Obesity 2020).
Prävention: Wie lässt sich Adipositas vermeiden?
Die beste Maßnahme gegen Adipositas ist die frühzeitige Prävention. Schon im Kindesalter sollte auf eine ausgewogene Ernährung mit wenig Zucker und industriellen Fetten geachtet werden. Regelmäßige Bewegung – mindestens 60 Minuten täglich bei Kindern und 150 Minuten pro Woche bei Erwachsenen – senkt nachweislich das Risiko für Übergewicht. Auch ausreichend Schlaf wirkt sich regulierend auf den Stoffwechsel aus.
Familien sollten gemeinsam gesunde Routinen entwickeln, denn Essverhalten ist oft sozial erlernt. Studien zeigen, dass tägliches gemeinsames Essen ohne Bildschirmnutzung das Risiko für unkontrolliertes Essverhalten reduziert. Schulen, Kitas und Arbeitgeber können ebenfalls durch Aufklärung und gesunde Angebote zur Prävention beitragen. Wer Risikofaktoren wie Stress, emotionales Essen oder Bewegungsmangel erkennt und vermeidet, verringert sein Adipositasrisiko nachhaltig.
GLP-1-Analoga & medikamentöse Therapie: Für wen sind sie geeignet?
GLP-1-Analoga wie Semaglutid oder Liraglutid gehören zu den wirksamsten medikamentösen Optionen bei Adipositas. Diese Wirkstoffe imitieren ein körpereigenes Darmhormon, das das Sättigungsgefühl steigert und die Magenentleerung verlangsamt. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) empfiehlt ihren Einsatz bei einem BMI ab 30 oder ab 27 mit Folgeerkrankungen.
Studien belegen eine Gewichtsreduktion von bis zu 15 % bei gleichzeitiger Senkung von Blutzucker, Blutdruck und Entzündungswerten (Wadden et al., 2020). Jedoch müssen mögliche Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall oder seltene Pankreatitis berücksichtigt werden. Die Therapie ist verschreibungspflichtig und sollte nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Sie ersetzt keine Lebensstiländerung, sondern ergänzt sie – am besten im Rahmen eines multimodalen Konzepts.
Adipositas bei Kindern und Jugendlichen: Eine stille Epidemie
Die Zahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher steigt weltweit an. In Deutschland ist laut KiGGS-Studie fast jedes sechste Kind übergewichtig, etwa 6 % gelten als adipös. Die Ursachen ähneln denen bei Erwachsenen: Fehlernährung, Bewegungsmangel, familiäre Vorbelastung. Hinzu kommt ein hoher Medienkonsum, der zu Inaktivität und emotionalem Essen beiträgt.
Je früher die Fettzellen gebildet werden, desto schwerer wird die spätere Gewichtsreduktion. Kinder benötigen keine radikalen Diäten, sondern stabile Strukturen und gesunde Vorbilder. Bewegung, gemeinsames Essen und positive Körperwahrnehmung stehen im Vordergrund. Auch Kinderärzte, Schulärzte oder spezialisierte Ernährungsfachkräfte können helfen. Frühzeitige Interventionen steigern die Chancen, Adipositas im Erwachsenenalter zu verhindern.
Warum viszerales Fett besonders gefährlich ist
Nicht jedes Fett ist gleich gefährlich. Besonders das sogenannte viszerale Fett – also das Fett im Bauchraum – steht im Verdacht, schwere Folgeerkrankungen zu fördern. Es umgibt die inneren Organe und produziert entzündungsfördernde Zytokine. Diese erhöhen das Risiko für Insulinresistenz, Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der BMI allein reicht deshalb nicht aus, um Gesundheitsrisiken zu bewerten.
Der Taillenumfang (ab 88 cm bei Frauen, 102 cm bei Männern) und der Taille-Hüft-Quotient (WHR) gelten als bessere Marker. Eine Reduktion des Bauchfetts durch gezielte Bewegung und Ernährung senkt das Risiko nachweislich. Wer abnimmt, reduziert in der Regel zuerst viszerales Fett – ein entscheidender Vorteil für die Gesundheit.
Fazit: Warum muss Adipositas ernst genommen werden?
Adipositas ist kein kosmetisches, sondern ein medizinisches Problem mit systemischer Wirkung. Frühzeitige Diagnostik, individuelle Therapieansätze und interdisziplinäre Betreuung sind entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung. Nur durch konsequente Verhaltensänderung, fachärztliche Begleitung und gesellschaftliche Entstigmatisierung lässt sich die Epidemie effektiv bekämpfen.
FAQ
- Was macht der Arzt bei Adipositas?
Bei Adipositas führt der Arzt zunächst eine gründliche Untersuchung durch, um den Schweregrad der Erkrankung und mögliche Begleiterkrankungen zu ermitteln. Daraufhin entwickelt er zusammen mit anderen Spezialisten einen individuellen Behandlungsplan, der Ernährungsumstellung, Bewegungstherapie, medizinische Gewichtsreduktion und in schweren Fällen möglicherweise auch chirurgische Eingriffe umfassen kann.
- Was verschreiben Ärzte bei Adipositas?
Ärzte können verschiedene Therapieansätze bei Adipositas verschreiben. Dies kann Medikamente zur Appetitzügelung und Metabolismussteigerung, spezielle Diätpläne, Bewegungsprogramme sowie psychologische Unterstützung einschließen. In schweren Fällen kann eine bariatrische Operation in Betracht gezogen werden.
- Wie hilft die Krankenkasse bei Adipositas?
Krankenkassen bieten in der Regel Unterstützung durch die Übernahme von Kosten für medizinisch notwendige Behandlungen bei Adipositas. Dazu können ärztliche Beratungen, Diät- und Ernährungstherapie, Bewegungstherapie, psychologische Unterstützung und in bestimmten Fällen auch chirurgische Eingriffe gehören. Es empfiehlt sich, sich direkt bei der eigenen Krankenkasse über die verfügbaren Leistungen zu informieren.
- Wie therapiert man Adipositas?
Die Therapie von Adipositas ist vielschichtig und erfordert einen individualisierten Ansatz. Sie kann eine Kombination aus Ernährungsumstellung, Bewegungstherapie, Verhaltenstherapie, Medikamenten und in schweren Fällen chirurgischen Eingriffen umfassen. Zudem ist die Unterstützung durch verschiedene Spezialisten wie Ernährungsberater, Sportmediziner, Psychologen und bei Bedarf Chirurgen wichtig, um den langfristigen Erfolg der Therapie zu sichern.